Das Heideseengebiet in Bad Laer ist in vielerlei Hinsicht besonders und hat eine wechselvolle Geschichte aufzuweisen. Nach der Auseinandersetzung um die wichtigen Fragen zum überschrittenen Sandabbau und dessen Auswirkung auf das angrenzende Trinkwassergewinnungsgebiet soll es jedoch jetzt auch und erneut um die zukünftige Nutzung gehen. Bad Laer aktuell sprach mit Bürgermeister Tobias Avermann über den aktuellen Sachstand und Pläne für die Zukunft:
Herr Avermann, was würden Sie als größte Herausforderung auf dem Weg zu einer touristischen Nutzung des Heideseengebietes bezeichnen?
Die Pläne, die Heideseen eines Tages touristisch nutzen zu können, gibt es schon lange. Ebenso lange besteht eine Konfliktsituation zwischen Trinkwassergewinnung, Sandabbau, Landwirtschaft und einer – in größten Teilen illegalen – Naherholung. Die letzten konkreteren Planungen erfolgten im Jahr 2011 mit dem sogenannten Masterplan Heideseen. Diese Planungen setzten neben der Genehmigungsfähigkeit im umwelt- und planungsrechtlichen Sinn eine Verfügbarkeit entsprechender Flächen und finanzieller Mittel voraus. Dieses Spannungsfeld war nicht aufzulösen und zumindest die naturschutz- und trinkwasserschutzrechtlichen Aspekte haben sich weiter verschärft.
Können Sie das weiter ausführen?
Im Laufe der letzten Jahrzehnte wurde dem Erhalt der Natur erfreulicherweise ein größerer Stellenwert eingeräumt. Die Natur hat sich das Areal an vielen Stellen in den letzten Jahren zurückerobert. Ein Großteil der Flächen dient inzwischen dem Ausgleich des Sandabbaus. Die Einhaltung von gesetzlichen Vorschriften zum Trinkwasserschutz und Naturschutz hat u.a. durch das angrenzende Trinkwassergewinnungsgebiet eine besondere Bedeutung. Daher ist davon auszugehen, dass unabhängig von den Eigentumsverhältnissen schon aus fachbehördlicher Sicht nur stark eingeschränkte Nutzungen in Frage kommen.
Wie kann dann eine touristische Entwicklung des Heideseengebietes aussehen?
Die Vielzahl der vergangenen Überlegungen zur Freizeitnutzung rund um den See zeigt auch, wie vielfältig die Vorstellungen sind. Während die einen das Entwicklungspotenzial in der naturnahen Erholung in einem schmalen Angebot sehen, hoffen andere vielleicht auf die sich ändernden Rahmenbedingungen und ein Großprojekt. Tatsache ist: Die Heideseen ziehen die Menschen an. Das ist an jedem größeren Gewässer so. Ich sehe unsere Aufgabe darin, das Heideseengebiet für unsere Gäste, aber auch die Menschen, die hier leben, begehbar und die Natur erlebbar zu machen. Diese Auffassung teilt übrigens auch der überwiegende Teil des Gemeinderates.
Traditionell kommen mit den ersten Sonnenstrahlen auch die ersten ungebetenen Gäste ins Heideseengebiet. Wie geht die Gemeinde Bad Laer mit dieser Herausforderung um?
Die Gemeinde Bad Laer hat mit der Einrichtung des Ordnungsaußendienstes seit Ende letzten Jahres neue Möglichkeiten, illegalen Nutzungen des Heideseengebietes punktuell entgegenzuwirken. Wir setzen hier auch auf den Faktor Aufklärung. Deshalb wurden alle Zugänge zum Seegebiet entsprechend beschildert und insbesondere auf die Waldbrandgefahr hingewiesen. So ist auch das Befahren mit Motorrädern, PKW oder Quads unzulässig und kann mit hohen Bußgeldern geahndet werden. Ebenso ist es beispielsweise strengstens verboten, in der Zeit vom 01.03. – 31.10. jeden Jahres Feuer zu machen oder zu Rauchen. Das sind nur zwei Beispiele, die eine Durchsetzung von öffentlich-rechtlichen Vorschriften ermöglichen. Darüber hinaus sind die jeweiligen Eigentümer im Rahmen ihres Hausrechtes verantwortlich und könnten ungebetene Gäste entsprechend anzeigen. Ziel sollte sein, die legalen Nutzungen zur Erholung zu ermöglichen und die illegalen Nutzungen weitestgehend einzudämmen.
Kann die Gemeinde Bad Laer das alles alleine schaffen?
Selbstverständlich erhöhen gute Partnerschaften hier die Aussicht auf Erfolg. Das gilt zum einen für die Niedersächsisch-Westfälische-Angelvereinigung (NWA), die seit Jahrzehnten einen erheblichen Beitrag zur Sauberkeit und zum Erhalt der natürlichen Landschaft beigetragen hat, sowie die vielen Eigentümer auf dem Gelände. Zum anderen sind wir bereits mit Experten im Bereich der touristischen Infrastruktur- und Destinationsentwicklung im Gespräch, die über Erfahrung in der Erschließung von vergleichbar stark auflagengebundenen Flächen verfügen. Im nächsten Schritt jedoch müssen wir unsere eigenen Vorstellungen konkret definieren. Zum letzten Jahresende fand zu dem Thema schon mal unter behördlicher Begleitung und extern moderiert eine Eigentümerversammlung statt. Ebenso werden wir die Überlegungen in einem entsprechend besetzten Arbeitskreis fortsetzen. Gegenwärtig sind solche Zusammentreffen aufgrund der Covid-19-Maßnahmen leider nicht möglich.
In der letzten Ratssitzung wurde über einen optionalen Flächenkauf durch die NWA gesprochen. Können Sie das näher ausführen?
Die NWA hat als langjähriger Pächter verschiedener Flächen nach entsprechenden Verhandlungen mit einem Grundstückseigentümer einen Kaufvertrag über ein 2,3 ha großes Grundstück geschlossen. Das Grundstück besteht zu ca. einem Drittel aus Land- und zwei Dritteln Seefläche. Der Gemeinde Bad Laer steht ein satzungsmäßiges Vorkaufsrecht für einen Großteil des Heideseengebietes zu. Der Gemeinderat hat daraufhin darüber beraten, ob von dem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht werden soll.
Wofür hat sich die Gemeinde Bad Laer entschieden?
Da wir erst am Beginn der neuen Überlegungen für eine naturnahe touristische Nutzung im kleinen Rahmen stehen, kam die Vorlage des Kaufvertrages ein bisschen früh. Aber die inzwischen sehr eingeschränkten Freizeitnutzungsmöglichkeiten der Seefläche sprechen gegen den Erwerb der Seeflächen seitens der Gemeinde. Das Wichtigste für alle Entscheidungsträger ist, dass eine Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit gewahrt bleibt. Ebenso hat die NWA bezüglich weiterer naturnaher Entwicklungen ihre Kooperationsbereitschaft zugesagt. Letztendlich haben wir uns als Gemeinde Bad Laer für einen Verzicht auf das Vorkaufsrecht entschieden, sofern eine fünfjährige Ankaufsoption sowie ein entsprechendes Wegerecht verbleiben.
Wie geht es weiter?
Gemeinsam mit den Eigentümern, den Fachbehörden, einzelnen Interessenvertretern und der örtlichen Politik wollen wir zeitnah die realistischen und naturnahen Entwicklungschancen ausloten. Wenn es uns gelingt, auf absehbare Zeit ein legales Betreten und Erleben des Heideseengebietes durch Erwandern – zu Fuß, mit dem Rad oder Pferd – mit entsprechenden Wegen und Aussichtspunkten zu ermöglichen, haben wir damit auch eine wesentliche Bereicherung für unseren Tourismus vor Ort, aber vor allem auch für die Menschen erreicht, die hier leben und arbeiten.